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Inflation in Deutschland

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Autor: BankingCheck Evgenia
Veröffentlicht am: Montag 10 Oktober 2022

Die Inflation in Deutschland ist auf einem Rekordhoch: Was wir für das Jahr 2022 erwarten können?

Die Inflation in Deutschland ist so hoch wie seit 1951 nicht mehr. Nach der Prognose des Statistischen Bundesamtes sind Waren und Dienstleistungen 10 Prozent (!) teurer als im September 2021.

Die Preise für Strom sind seit Anfang des Jahres gestiegen. Seit dem Krieg in der Ukraine sind auch die Preise für Gas, Heizöl und Benzin deutlich gestiegen. Die Mieten steigen vielerorts weiter an.

Strom, Gas, Miete und Kraftstoff machen mehr als ein Drittel des repräsentativen Warenkorbs aus. Die Preissteigerungen wirkten sich entsprechend deutlich auf die Inflationsrate aus.

Müssen wir uns auf weiter steigende Preise einstellen? Kann die Zentralbank etwas tun? Wir erklären, was Inflation bedeutet und was Sie für den Rest des Jahres 2022 erwarten können.

Inflation – was ist das genau? 

Der Begriff Inflation leitet sich von dem lateinischen Wort "inflatio" ab, was so viel bedeutet wie "anschwellen" oder "sich ausdehnen". Wenn wir heute von Inflation sprechen, meinen wir damit, dass die Preise bestimmter Waren und Dienstleistungen steigen oder zunehmen. Für den gleichen Geldbetrag können Sie weniger kaufen: Ihr Geld verliert an Wert.

Um die Inflation zu messen, hat das Statistische Bundesamt zunächst den deutschen Konsum untersucht und 650 typische Waren und Dienstleistungen in einen Warenkorb gepackt. Die Inflationsrate wird monatlich durch die Berechnung der Kosten eines Warenkorbs ermittelt, so dass man beobachten kann, wie sich die Preise im Laufe der Zeit verändern. Die Inflationsrate gibt an, wie sich die Preise für denselben Warenkorb von Monat zu Monat im Vergleich zu den Preisen desselben Warenkorbs im Vorjahr verändert haben.

Um die Veränderung besser sichtbar zu machen, wurde der Wert des Warenkorbs im Jahr 2015 auf 100 normiert. Im Juli 2022 lag er bei 118,4.

Ursachen für die Inflation

Was ist die Ursache für die hohe Inflation? Mit 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr erreichte die Inflation im September 2022 den höchsten Stand seit 1951. Im August lag sie noch bei 7,9 Prozent. Wir spüren sie besonders bei Gas und Heizöl, Benzin, Fernwärme und tierischen Grundprodukten wie Butter und Milch. Dort gab es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die deutlichsten Preissteigerungen.

Die Preise sind im Jahr 2021 bereits gestiegen - und das nicht nur in Deutschland. Die Tabelle zeigt, dass die Inflationsrate für 2021 für Deutschland, die Eurozone und die USA deutlich höher ist als in den Vorjahren.

Ökonomen sind der Meinung, dass die Inflation nicht nur 2021 ein Thema sein wird. Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen ist hoch, die Produktionskapazitäten begrenzt. Auch wenn die Zinsen weiterhin niedrig bleiben, könnte es zu einer langfristigen Veränderung der Inflationsrate kommen. Einige Ökonomen hielten die hohe Inflation Ende 2021 für eine einmalige Sache. Die extrem niedrigen Preise von 2020 würden nun kompensiert. Andere wiederum glauben, dass die Inflation nicht nur im Jahr 2021 ein Thema sein wird. Die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen ist hoch, die Produktionskapazitäten sind begrenzt. Selbst wenn die Zinsen niedrig bleiben, könnte es zu einer langfristigen Veränderung der Inflationsrate kommen.

Viele Preise sind im vergangenen Jahr gesunken, und die Inflation lag nur im niedrigen einstelligen Bereich. Das lag zum Teil daran, dass weniger Geld ausgegeben wurde als 2019 und die deutsche Regierung im August 2020 die Mehrwertsteuer senkte. Im Jahr 2021 steigen die Preise wieder an. Einige Gründe dafür sind:

Die Industrie hatte die Produktion gedrosselt - jetzt gab es zu wenig Angebot und zu viel Nachfrage. Viele Waren und Dienstleistungen, wie z. B. Baumaterialien, wurden teurer. 

Die Mehrwertsteuer wurde Anfang 2021 erneut auf 19 % erhöht.

Eine neue Kohlenstoffsteuer, die viele Kraftstoffhersteller an die Kunden weitergeben, hat Benzin und Diesel im Jahr 2021 um 7 bis 8 Cent teurer gemacht. Andere argumentierten, dass die hohe Inflation nicht nur ein Ausgleich sei - und dass wir in Zukunft mit höheren Inflationsraten rechnen sollten. Einige Argumente dafür finden sich in der globalen Wirtschaftspolitik und der Politik der Zentralbanken.

Während der Corona-Pandemie haben einige Länder die Produktion innerhalb ihrer eigenen Grenzen erhöht - zu höheren Lohnkosten. Nun sagen einige Experten, dass die Preise weiter steigen werden, wenn dieser Trend der De-Globalisierung anhält.

Einige Ökonomen sagen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) kaum von ihrer langjährigen Nullzinspolitik abrücken kann, wenn sie den Zusammenhalt in der Eurozone und den Euro als gemeinsame Währung erhalten will. Die Unterstützung der EZB hat unter anderem 2012 einen griechischen Staatsbankrott verhindert. Der "neue Normalzustand" könnte eine höhere Inflation sein, möglicherweise müsste das Inflationsziel angepasst werden.

Die neuen Rahmenbedingungen im Frühjahr 2022, die durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die knappen Ressourcen Gas und Erdöl verursacht werden, könnten unterschiedliche Auswirkungen haben.

Zum einen wirkt sich der Krieg negativ auf den internationalen Handel und damit auf die Wirtschaftsleistung vieler Länder aus. So wurden beispielsweise die Prognosen für 2022 für Deutschland, die USA und China bereits gesenkt. Weniger Produktion sollte zu niedrigeren Preisen führen.

Andererseits werden durch den Krieg die knappen Ressourcen (Erdgas, Erdöl, Weizen) noch knapper. Russland als wichtiger Lieferant beider Rohstoffe ist nicht mehr in der Lage, sie zu liefern, was wiederum den Preis für Gas, Öl und Benzin in die Höhe treibt. Der Ölpreis reagiert bekanntlich auch empfindlich auf geopolitische Krisen und Kriege in den ölproduzierenden Ländern.

Um die Inflation für die Bürgerinnen und Bürger abzufedern, hat die Bundesregierung jetzt drei Entlastungspakete verabschiedet, die seit dem Frühjahr laufen. Der Tankrabatt und das sogenannte 9-Euro-Ticket für Juni bis August sind ausgelaufen. Im September erhalten Arbeitnehmer und Selbstständige nun eine Energiepreispauschale von 300 Euro. Weitere Maßnahmen zur Unterstützung von Rentnern, Studenten und einkommensschwachen Bürgern sind geplant. 

Welche Inflation kommt noch? 

Welche Inflation können wir in Zukunft erwarten? Auf ihrer Sitzung am 8. September hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Inflationserwartungen für dieses und die kommenden Jahre deutlich nach oben korrigiert. Für 2022 erwartet sie eine Inflation von 8,1 % für die Eurozone, für 2023 von 5,5 % und für 2024 von 2,3 %.

Die Prognose der Zentralbank basiert auf ihrer Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Lage. Dazu gehört die Einschätzung der Preisentwicklung, wie etwa der Rohstoff- und Energiepreise, der Lohnentwicklung und der Wirtschaftsleistung (BIP).

Die Zentralbank kann die Preise beeinflussen, indem sie den so genannten Zinssatz festlegt, zu dem sich die Banken bei ihr Geld leihen können. Theoretisch macht ein höherer Zinssatz Kredite teurer und Sparen attraktiver. Es wird weniger konsumiert und die Preise sinken.

Am 23. Mai kündigte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde in einem Blogbeitrag an, dass die negativen Einlagenzinsen bereits im Juli erhöht werden könnten. Die Inflationserwartungen der Wirtschaft sind nun deutlich positiv. Es ist daher nicht mehr notwendig, die "disinflationäre Dynamik" (d.h. eine stagnierende Wirtschaft mit fallenden Preisen) des vergangenen Jahrzehnts durch eine ultralockere Geldpolitik zu bekämpfen. Eine Normalisierung der Geldpolitik ist jetzt angebracht.

Die EZB kündigte auf einer Pressekonferenz am 9. Juni an, dass sie ihr Billionen-Euro-Anleihekaufprogramm am 1. Juli 2022 unerwartet beenden und die Zinsen im Juli von null auf 0,25 Prozent anheben werde. Am 21. Juli kündigte die EZB dann eine weitere Anhebung des Leitzinses auf 0,5 Prozent an. Der zuvor negative Einlagenzins stieg auf null Prozent. Am 14. September wird der Leitzins auf 1,25 Prozent und der Einlagenzins auf 0,75 Prozent steigen.

Auswirkungen der Inflation

Die Inflation selbst ist eigentlich ein Phänomen der Geldpolitik und sollte daher auch nicht mit hohen Preisen gleichgesetzt werden. Was bedeutet eine hohe Inflation für uns? Grundsätzlich gilt: Waren und Dienstleistungen werden teurer, während die Löhne oft nicht in gleichem Maße steigen. Sie können sich also im Allgemeinen weniger leisten - es kommt darauf an, wie Ihr persönlicher Warenkorb aussieht. Die meisten Menschen sind jedoch von den steigenden Energie-, Miet- und Kraftstoffpreisen betroffen. Der Staat hat deshalb Entlastungsmaßnahmen geplant, die stark auf Einmaleffekte setzen. 

Auch als Sparer sind Sie betroffen: Wenn Sie viel Geld auf Ihrem Girokonto haben und dafür keine Zinsen erhalten, wird dieses Geld automatisch weniger wert. Bei 1.000 Euro Guthaben und einer Inflationsrate von 5 % ist Ihr Geld zum Beispiel nach fünf Jahren nur noch 780 Euro wert. Bei 2 % Inflation fehlen Ihnen nach fünf Jahren mehr als 100 Euro. Umso wichtiger ist es, dass Sie das Notgeld unverzinst behalten.

Abschaffung von Negativzinsen

Negative Zinssätze auf Sparkonten werden abgeschafft. Fast alle Banken haben inzwischen die negativen Einlagenzinsen abgeschafft. Zuletzt sorgte die größte deutsche Direktbank ING für Aufsehen. Die Bank erhebt ab dem 1. Juli nur noch bei Einlagen von einer halben Million Euro (statt bisher 50.000 Euro) einen Strafzins. Mit der Erhöhung des Einlagenzinses auf 0,75 Prozent ab Mitte September soll die Kontoführung wieder flächendeckend gebührenfrei sein.

Tages- und Festgeld wieder über Null 

Verschiedene Banken bieten unterschiedliche Zinssätze für Sparkonten an. Im August 2022 werden einige Banken wieder positive Zinsen anbieten. Wenn Sie Geld auf ein Sparkonto einzahlen und es dort 12 Monate lang liegen lassen, können Sie bis zu 1,45 % an Zinsen erhalten. Bei 10.000 Euro wären das 145 Euro.

Das ist ein erster Schritt, aber er gleicht die Inflation noch nicht aus. Wenn Ihre Ersparnisse kaum noch Zinsen abwerfen, sollten Sie erwägen, einen Teil Ihres Geldes am Aktienmarkt anzulegen. Zum Beispiel in einen billigen Fonds (ETF), der die Weltwirtschaft widerspiegelt und Aktien der größten Unternehmen der Welt enthält.

Kreditzinsen sinken leicht

Wenn Sie bereits einen Kredit haben, profitieren Sie davon: Die Höhe Ihres Kredits bleibt auf dem Papier gleich, aber das Geld, das Sie zur Tilgung des Kredits aufnehmen, ist weniger wert. Schwieriger wird es, wenn Sie heute einen neuen Kredit aufnehmen wollen. Denn die Erwartung von EZB-Zinserhöhungen hat die Kreditzinsen zuletzt wieder stark ansteigen lassen.

Insbesondere bei Hypothekarkrediten haben wir viel Bewegung beobachtet. Noch im Frühjahr 2021 lagen die Zinssätze für Baukredite bei weniger als einem Prozent - so niedrig wie nie zuvor. Danach begannen die Banken, die Erwartung steigender Zinsen einzukalkulieren und verlangen nun das Dreifache. Laut dem Baufinanzierungsportal Dr. Klein ist der Zinssatz für einen 10-jährigen Baukredit im August wieder auf knapp 3 Prozent gestiegen.

Einige Experten waren der Ansicht, dass der Anstieg der Finanzierungssätze im Juli vorübergehend zum Stillstand gekommen sei. Andere hingegen vertraten die Ansicht, dass man unbedingt abwarten müsse, welche weiteren Schritte die EZB bis zum Jahresende unternimmt. Mit der deutlichen Zinserhöhung der EZB im September könnten die Kreditzinsen nun wieder ansteigen.

Außerdem ist generell Vorsicht geboten, denn niedrige Hypothekenzinsen nützen nichts, wenn die Immobilie zu einem zu hohen Preis angeboten wird. Eine von Forbes-Advisor durchgeführte Untersuchung zeigt, dass offenbar die ersten Verbraucher mit ihren Hypothekenzahlungen in Verzug geraten, weil sie aufgrund der höheren Finanzierungssätze einfach zu teuer geworden sind.

Absicherung gegen Inflation

Goldanlagen werden oft als die ultimative Krisen- und Inflationsschutzwährung angesehen. Der knappe Rohstoff besitzt immer einen gewissen inneren Wert und würde im Zweifelsfall als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Auch andere Rohstoffe wie Silber können einen Inflationsschutz bieten.

Aktien werden auch als Vermögenswerte betrachtet, die die steigende Inflation ausgleichen. Bei diesen Anlagen besteht immer das Risiko, dass die Wertpapiere im Wert schwanken. In diesem Fall ist es hilfreich, seine Anlagen zu diversifizieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Immobilien wertvoll sein können - oder sogar im Wert steigen. Es kommt jedoch immer auf die Immobilie, die Lage, die Ausstattung usw. an. Wenn Sie in Ihrem eigenen Haus leben, müssen Sie sich zumindest keine Sorgen über steigende Mieten machen.

Was ist das Problem mit hohen Inflationsraten? Wenn die Inflationsraten hoch sind, verlangen die Arbeitnehmer oft höhere Löhne, um dies auszugleichen. Im schlimmsten Fall kann dies eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen: Man bekommt mehr Geld, aber dadurch wird die Produktion für die Unternehmen teurer, so dass die Preise für Waren und Dienstleistungen steigen usw. Die Löhne wurden teurer, die Preise stiegen. Die Erwartung der Wirtschaftsteilnehmer, dass die Inflation steigt, möchte die EZB spätestens September stoppen. In Deutschland war das Phänomen der Lohn-Preis-Spirale in den 70er Jahren ausgeprägt: Während der Ölkrise erreichte die Inflationsrate 7 oder 8 Prozent.

Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell hatte zuvor beschlossen, weniger Anleihen zu kaufen und die Zinsen aufgrund der steigenden Lohnforderungen in den USA schrittweise anzuheben. Am 15. Juni 2022 machte Powell den größten Zinsschritt seit 1981, indem er den Leitzins um 75 Basispunkte auf 1,5 bis 1,75 Prozent anhob. Am 27. Juli kündigte die Fed unerwartet eine weitere deutliche Anhebung auf 2,25 bis 2,5 Prozent an.

Kann Inflation gut sein? 

Gibt es eine gute Inflation? Die EZB verfolgt sogar ein Inflationsziel, allerdings in begrenztem Umfang. Das Ziel ist eine Inflation von 2 Prozent. Damit soll die Wirtschaft am Laufen gehalten werden. Die Idee dahinter: Nur wenn die Unternehmen mit steigenden Preisen rechnen können, investieren sie in neue Geschäftsideen und Innovationen, und auch die Verbraucher konsumieren weiter.

Das Gegenteil der Inflation ist die Deflation, also ein Rückgang der Preise. Dies geschieht, wenn die Menschen kein Geld ausgeben und die Nachfrage sinkt. Dann investieren die Unternehmen weniger und die Verbraucher schieben Käufe auf, weil die Produkte ohnehin billiger werden - die Große Depression in den 1930er Jahren in den USA ist das berühmteste historische Beispiel für Deflation.

Seit den 1990er Jahren hat Japan wiederholt eine Deflation erlebt, die zu einer hohen Staatsverschuldung und anderen spürbaren Auswirkungen führte.

Während der Weimarer Republik spielte sich ein extremes Inflationsszenario ab. Vielleicht erinnern Sie sich aus Ihrem Geschichtsbuch an Bilder von Schubkarren voller wertloser Geldscheine. Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation stieg der Preis für eine Straßenbahnfahrt in Dresden im November 1923 auf zehn Milliarden Mark. Mit der Einführung der Rentenmark konnte dies gestoppt werden.

Eine Inflation von 50 Prozent oder mehr in einem einzigen Monat wird als Hyperinflation bezeichnet. Davon sind wir noch sehr, sehr weit entfernt. Ein realistischeres Szenario ist die Stagflation, die einige Ökonomen bereits schrittweise beobachten. Dabei handelt es sich um eine wirtschaftliche Stagnation in Verbindung mit einer hohen Inflation - eine Situation, die während der Ölkrise in den 1970er Jahren auftrat. Eine Folge der Stagflation kann eine steigende Arbeitslosigkeit sein, während gleichzeitig die Preise in die Höhe schnellen.