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Die Schweiz verschiebt den Austausch von Krypto-Informationen: Was die neue Frist 2027 für Europa bedeutet

Die Schweiz wird den automatischen Informationsaustausch für Krypto-Assets erst ab 2027 einführen. Diese Entscheidung sorgt europaweit für Aufmerksamkeit, denn sie betrifft nicht nur steuerliche Transparenz und Regulierung, sondern auch die strategische Positionierung eines der wichtigsten Finanzstandorte der Welt. Für die Finanzbranche, für Banken und für Unternehmen, die digitale Vermögenswerte einsetzen, stellt die Verschiebung sowohl Chance als auch Herausforderung dar.

Die Verzögerung gilt als bedeutendes Signal, denn während die Europäische Union mit MiCA, Travel Rule und weiteren Regularien Tempo macht, wählt die Schweiz bewusst einen langsameren, eigenen Weg.

Dieser Ansatz führt zu neuen Fragen, etwa zur Wettbewerbsfähigkeit, zu Risiken für die Integrität des Finanzplatzes oder zu möglichen Regulierungsarbitragen im europäischen Wirtschaftsraum.

Warum der Informationsaustausch erst 2027 kommt

Die Schweizer Regierung hat bestätigt, dass der automatische Informationsaustausch für Krypto-Assets nach dem Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erst im Jahr 2027 starten wird. Die Verzögerung ist nicht technischer Natur, sondern politisch-strukturell begründet. Man möchte die neuen Vorgaben nicht übereilt implementieren, sondern in ein umfassendes nationales Regulierungskonzept einbetten.

Dabei werden Kryptowährungen schon heute in der Praxis genutzt. Verbraucher können zum Beispiel mit Krypto online im Casino einzahlen und das Guthaben im Handumdrehen für Poker, Roulette und Co. nutzen, aber auch internationale Überweisungen abwickeln, ohne dass eine klassische Bank dazwischengeschaltet ist.

Sie können inzwischen selbst NFTs in integrierten Marktplätzen handeln, die tokenisierte Vermögenswerte als Teil größerer Ökosysteme nutzen. Diese Realität zeigt, wie weit sich digitale Assets im Alltag bereits etabliert haben, und in welchem Spannungsfeld Regulierung entsteht.

Der neue Startzeitpunkt des Informationsaustauschs bedeutet, dass die Schweiz vorerst weiterhin auf ihre bestehenden Regeln setzt. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA verfügt bereits über anspruchsvolle Vorgaben in Bezug auf Geldwäscherei, Sorgfaltspflichten und Marktintegrität. Doch der umfassende Datenaustausch nach OECD-Standard wird vorerst nicht umgesetzt.

Gründe für die Verschiebung

Die Schweiz begründet die Verzögerung mit zwei zentralen Aspekten. Erstens möchte man die neuen Regeln mit nationalen Bestimmungen harmonisieren, damit keine widersprüchlichen Compliance-Anforderungen entstehen. Die Schweiz plant ein eigenständiges Gesetz für Krypto-Transparenz, das sowohl dem OECD-Standard als auch der Schweizer Rechtsordnung gerecht werden soll.

Zweitens will die Regierung vermeiden, dass eine vorschnelle Einführung ungeplante Belastungen für Banken, Kryptodienstleister und Verwahrstellen erzeugt. Die technische Infrastruktur für den Datenaustausch ist komplex und teuer, insbesondere für kleinere Institute, die im Schweizer Krypto-Ökosystem eine wichtige Rolle spielen.

Weltweit wird der Druck auf Staaten größer, Krypto-Transparenz zu schaffen. Der OECD Crypto-Asset Reporting Framework definiert einheitliche Regeln, um Steuervermeidung und Intransparenz zu verhindern. Viele Staaten arbeiten bereits an der Umsetzung, auch um regulatorische Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.

Die Schweiz geht bewusst langsamer vor, um ihre Rolle als innovationsfreundlicher, aber sicherheitsorientierter Standort zu bewahren. Für die globale Finanzbranche stellt sich damit die Frage: Wird der Schweizer Sonderweg zu einem Wettbewerbsfaktor, und wenn ja, ist er dann positiv oder negativ?

Auswirkungen auf Banken und Zahlungsdienstleister

Die Verschiebung hat direkte Konsequenzen für den Finanzsektor, insbesondere für Banken, Kryptobörsen, Fintechs und Verwahrstellen. Schweiz und Liechtenstein gelten bereits seit Jahren als bedeutende Zentren für institutionelle Kryptodienstleistungen. Die beiden Länder verfügen über stabile regulatorische Rahmenbedingungen, sind aber in vielen Punkten flexibler als große europäische Märkte.

Schweizer Banken nutzen die zusätzliche Zeit bis 2027, um ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Viele Institute haben bereits Krypto-Dienstleistungen wie Verwahrung, Handel, Tokenisierung oder Strukturprodukte im Angebot. Die Verzögerung gibt ihnen Luft, diese Angebote auszubauen, bevor ein umfassender automatischer Informationsaustausch gesetzlich vorgeschrieben ist.

Zugleich wird der Druck größer, interne Prozesse auf künftige Anforderungen abzustimmen. Compliance-Abteilungen müssen bereits heute Systeme entwickeln, die künftig große Datenmengen aus Krypto-Transaktionen automatisch verarbeiten und an internationale Behörden weiterleiten können.

Fintechs und Blockchain-Unternehmen sehen die verlängerte Frist als Vorteil. Sie können Lösungen entwickeln, ohne sofort auf aufwendige Reporting-Standards Rücksicht nehmen zu müssen.

Tokenisierungsplattformen, Start-ups für DeFi-Schnittstellen oder Anbieter von Stablecoin-Infrastrukturen finden in der Schweiz weiterhin ein besonders innovationsfreundliches Umfeld. Die gleichen Unternehmen müssen sich jedoch darauf vorbereiten, ab 2027 hohe Transparenzanforderungen zu erfüllen.

Verbraucher und der Markt

Auch aus Sicht der Nutzer digitaler Vermögenswerte hat die Verschiebung Auswirkungen. Während die technische Entwicklung voranschreitet, herrscht auf regulatorischer Ebene eine mehrjährige Übergangsphase.

Erst ab 2027 wird ein einheitlicher internationaler Rahmen für die Meldung, Identifizierung und Überwachung von Krypto-Vermögenswerten gelten. Bis dahin bleibt die Situation fragmentiert, mit nationalen Regeln, unterschiedlichen Transparenzanforderungen und verschiedenen Berichtsformaten.

Doch dann wird es ernst. Sobald der neue OECD-Standard 2027 in Kraft tritt, wird er Transparenz im Krypto-Bereich erhöhen. Nutzer müssen damit rechnen, dass ihre Krypto-Aktivitäten künftig stärker überwacht und dokumentiert werden, ähnlich wie heute bei Kapitalerträgen oder klassischen Banktransaktionen.

Ein Zwischenstopp, kein Richtungswechsel

Die Verschiebung des Schweizer Informationsaustauschs ist keine Abkehr von internationaler Transparenz, sondern eine zeitlich begrenzte Anpassungsphase. Der Finanzplatz Schweiz bleibt weiterhin ein Regulierungsstandort mit hohen Standards, der gleichzeitig Innovationen zulässt.

Für Banken, Finanzdienstleister und Fintechs bedeutet die Verzögerung vor allem eines, und das ist mehr Zeit für den Aufbau der Infrastruktur, die nötig ist, um die komplexen Anforderungen der Datenmeldungen erfüllen zu können. Für Europa bleibt die Schweiz ein wichtiger Partner, aber auch ein Sonderfall, der einen eigenen Rhythmus in der Regulierung besitzt. Der globale Trend zeigt eindeutig in Richtung stärkerer Transparenz, und die Schweiz wird diesem Trend folgen, nur später als andere Staaten.

Die Jahre bis 2027 werden damit zu einer entscheidenden Phase. Sie bestimmen, ob der Schweizer Sonderweg ein Wettbewerbsvorteil oder ein Wirksamkeitsrisiko wird. Sicher ist nur eines, und das ist, dass der Krypto-Markt in Bewegung bleibt, und die Regulierung seinen Kurs auch in Zukunft entscheidend prägen wird.